„Das war viel zu einfach.“ Erren betrachtete die Tür mit Argwohn. „Ganze fünf Tage waren sie mir auf den Fersen. Es ist mir nur zweimal gelungen, sie abzuschütteln, um wenig später dann doch wieder von ihnen verfolgt zu werden. Die Kerle sind die reinsten Bluthunde.“
„Würdest du dich nicht ständig an denselben Orten verstecken, hätten sie wahrscheinlich weitaus größere Schwierigkeiten dich zu finden“, räumte die beleibte Dame trocken ein. „Wie oft warst du diese Woche schon hier, um von irgendwelchen Leuten nicht gefunden zu werden? Acht oder neun Mal?“
„Ich denke es waren sogar zwölf Mal, wenn man auch die Nächte in deinen Gästezimmern mitzählt“, berichtigte die junge Frau nach kurzer Bedenkzeit.
Die schwarz umtuschten Augen der mächtigen Hausherrin schienen die junge Frau eine geraume Weile kochen zu wollen.
„Erren, das muss aufhören“, sagte Renja, wobei sie einen beinahe unbehaglich sanften Tonfall anschlug.
„Ich bemühe mich ja“, beteuerte Erren. „Aber du weißt ja, wie das ist, wenn sie einen auf dem Kieker haben ...“
„Nein“, wurde sie von Renja unterbrochen.
„Ach, wirklich?“
„Ja, wirklich.“
„Oh. – Was ist mit dir?“, wandte sich Erren jetzt an mich. „Du kennst so was doch sicher ...“
„Äh“, meinte ich und verschaffte mir auf diese Weise für die Antwort etwas Spielraum. „Und seine Frau hatte also rein gar nichts damit zu tun“, stellte ich zu meiner eigenen Sicherheit noch einmal klar und deutlich fest.
„Das war wieder eine deiner Spezialbehandlungen, oder Renja?“, sprach Erren mit verschwörerischer Stimme zu der Dame des Hauses. „Er war in den letzten Wochen sehr oft hier.“
„Und du fragst dich, warum sie ausgerechnet dich verfolgen ... Aber es ist wahr. Es war schon etwas verzwickter als sonst. Manchmal hatte ich einige Mühe mit ihm zurechtzukommen“, sagte Renja. „Doch was soll man von so einem Klotzkopf auch anderes erwarten.“
„Dabei ist sie ein so gutherziger Mensch“, bedauerte Erren.
„Oh ja, das ist sie. Armes Ding“, sprach Renja. „Aber Geschäft ist Geschäft. Es bringt Geld und immerhin wollten es beide. Versteh einer die jungen Leute von heute und ihre eigenartigen Vorlieben. – Was hast du, Schätzchen? Du siehst so blass aus.“
Es waren nur ein paar Gedanken. Von einem Moment zum anderen waren sie da. Und sie waren beängstigend. Ich spürte, wie sie darauf lauerten, mich noch nächtelang in meinen Träumen zu verfolgen.
„Wie kann man nur ...?“, krächzte ich und starrte träge vor mich hin. Eine Reihe nicht unbedingt jugendfreier, dafür aber umso furchterregenderer Wahnvorstellungen ratterte träge durch meinen Kopf.
Aus einem mir absolut schleierhaften Grund bedachte Erren plötzlich mich mit einem schockierten Ausdruck der blanken Empörung.
„Einigen Leuten ist es nun einmal wichtig, an ihrer Beziehung zu arbeiten. Selbst wenn dies nicht immer einfach ist und besondere Maßnahmen erfordert“, protestierte sie.
„Aber solche Maßnahmen ...?“, stammelte ich. Innerlich rang ich um meine so gut wie verlorene Fassung. Viel Erfolg konnte ich dabei jedoch nicht vorweisen. Wo war ich hier nur hingeraten? – Auf einmal vermisste ich das eintönig prüde Leben in Dormizien.
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