Zum Brückenschlag. Der Anfang (Prolog) [BETA]

Larron Motts war neunundsechzig Jahre alt und stand seit dreiundvierzig Jahren im Dienst der Herrschaftlichen Armee von Avetien. In dieser Zeit hatte er sechs Monate Grundausbildung, achtunddreißig lebensgefährliche Einsätze im Ausland, vierhundertneunundzwanzig kleinere Inlandseinsätze und zahllose Nachtwachdienste im avetischen Heereslager überstanden. Schon zu Beginn seines fünfunddreißigsten Dienstjahres hatte man ihm von oberster Stelle die Pensionierung nahegelegt.

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Larron Motts hatte jedoch abgelehnt – auch als man ihm dieses Angebot drei Monate später, drei Monate danach und dann immer wieder vorlegte. Das lag zum einen an purer Überzeugung und zum anderen … Was hätte er denn ohne den Dienst für das Militär auch machen sollen? Er hatte keine Familie, keinen festen Wohnsitz, außerdem bekam man als pensionierter Veteran und damit frischgebackener Zivilist keinen Zugang zur Armeekantine mehr. Diese hatte wenigstens hin und wieder – also meistens an Feiertagen – eine Küche im Angebot, die auch etwas anderes enthielt als die künstlich auf alchemischen Höfen und Plantagen erzeugten Nährstofflebensmittel, mit welcher der Rest Avetiens sich begnügen durfte. Die Arbeit in der international ausgerichteten Armee des avetischen Staates hatte da durchaus ihre Vorzüge.

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So kam es, dass Larron Motts seit über sieben Jahren den Dienst der Lagernachtwache inne hatte, welche sich ausschließlich auf den bei Nacht völlig menschenleeren Exerzierplatz des avetischen Hauptheerlagers beschränkte. Na ja, zumindest bis …

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Larron Motts steckte sich gerade einen Glimmstängel an – eines der wenigen Produkte, von denen avetische Alchimisten wussten, wie sie denn hergestellt werden musste. Er tat es so, wie er es schon immer getan hatte, wenn sich sein Dienst dem Höhepunkt näherte. Ein vertrockneter Wanderbusch rollte gelassen über den staubigen Boden des schmucklosen Exerziergeländes, in dessen Mitte sich zwischen zwei unscheinbaren Metallpfosten eine dunkle Nebelschwade zusammenballte. Larron Motts bekam davon nicht mit – auch nicht als sich die düstere Wolke aus halbdurchsichtigem Plasmastaub hinter seinem Rücken zu einem viel armigen, in sich selbst verschlungenem Wesen verdichtete. Es war beinahe hypnotisch, wie es in sich floss und durch sich hindurch, einfach so. Dieses Geschöpf erweckte nicht den geringsten Verdacht, dass es davon wusste, dass es sich auf dem trostlosen und von dicken Mauern umringten Schotterplatz eines Militärgeländes bewegte. Viel mehr flog es durch unbekannte Wassertiefen, die nur leider gerade nicht zugegen schienen. Es war, als wäre es nicht da.

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Von all dem ahnte Larron Motts nicht das Geringste. Stattdessen drehte er sich, den Glimmstängel zwischen sein Lippen, zum Zentrum des unscheinbaren Platzes um. Genau zwei Komma drei Sekunden später lag der Glimmstängel auf dem Boden. Larron Motts hatte schon einiges gesehen, doch jetzt sah er in ein Paar serviertellergroßer Augen, die ihn so ausdruckslos und geistfrei anglotzten, wie es nur wahrhaftige Fischaugen konnten. Zudem blickte der Veteran in ein riesenhaftes Maul mit wulstigen Lippen, die sich unbeeindruckt öffneten und schlossen und dabei nicht auch nur einen Laut von sich zugeben gedachten.

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Als Larron Motts vom Schlag getroffen und ohne Leben zu Boden fiel, hatte er die acht wabernden Tentakel noch nicht einmal bemerkt. Seine Dienstzeit von mehr als dreiundvierzig Jahren war offiziell vorbei.

Weiter lesen: Kapitel 2. [Bald verfügbar]