illustriert von Fiene Annabella Burgert
Das Buch ist ein Sammelwerk aus Fragmenten und Texten zu verschiedenen Situationen des Lebens. Es geht um Menschen wie Du und Ich, mit Problemen, die mehr Leute haben, als gedacht. Es wird sich den Problemen gestellt und es wird gelebt. Es geht um Grenzüberschreitungen, Emotionen und Gedankenspiele.
Von subtilen fantastischen Elementen über Mystisches und Geheimnisvolles, bis hin zu empathischen und sehr direkten Texten ist alles dabei. Mit der Anthologie VERdichtet habe ich nach meinem Blog Bis zum Leuchtturm den nächsten Schritt gewagt und freue mich, wenn ich euch mit dem Buch meine Anschauungen etwas näher bringen kann, oder ihr euch sogar hier und da wiedererkennen könnt.
Natürlich habe ich das Buch nicht alleine auf die Beine gestellt. Ein dickes Dankeschön also besonders an meine Schulfreundin Fiene, die die wundervollen Illustrationen zu den Texten gemacht hat. Ich bin wirklich begeistert von den Bildern und finde, dass sie sehr gut mit den Texten harmonieren!
Außerdem danke ich Platti Lorenz, meiner Verlegerin, die mir sehr viel Freiraum für meine Ideen gegeben hat und selber immer gute hatte, wenn ich nicht weiter wusste! Vielen Dank für die Unterstützung und dass du meine Texte zu einem Buch hast werden lassen!
Und zu guter Letzt: Die Sammlung plädiert auf Unvollständigkeit und damit auf weiteres Hingucken, Sinnsuchen, Grenzüberschreiten und Wahrnehmen!
Henni-Lisette Busch
Rostock, den 28. Februar 2018
1. hinVERguckt
Der Schmetterlingsfänger
Für immer und einen Tag
Die Frau in der Metro
Letzter Tanz
Die Hand spielt das Cello
Warum der Mond so traurig aussieht
2. sinnVERsucht
Traumtanz
Suche
Choreografie der Vergangenheit
Pseudorebell
Angst
Spiegel
Zwang
3. grenzVERschritten
Schatten
Zwei Frauen
Nicht dein Herz
Trieb
Entzweiung
Freak
Hinter Gittern
Pilger. Eins
Ein weißer Raum
Tote tanzen
4. wahrVERnommen
Ein Ort
Einfach mal schweigen
Jugend
Pilger. Zwei
Mauern
Vogelperspektive
Geh tanzen!
Dankbarkeit
An zwei Liebende
Ein Schmetterlingsfänger rennt über eine Wiese, die Nase gen Himmel gereckt. In der Hand hält er einen Kescher, den er immer wieder durch die Luft schnellen lässt. Ab und an scheint ein Schmetterling recht geschickt zu sein, sodass der Schmetterlingsfänger zu einer athletischen Höchstleistung genötigt wird. Jedoch gleichen seine Bewegungen mehr einem lustigem Tänzchen, denn einer strategischen Jagdtechnik.
Wie er so über die Wiese hirschelt – nicht minder elegant, als ein Elefant beim Eiskunstlauf – überrennt er beinahe ein kleines Mädchen, das gerade einen Maikäfer auf seinem ausgestreckten Fingerchen beobachtet.
„Huch!“ Gerade so will der Schmetterlingsfänger um das Kind herumlaufen, doch er stolpert über seine eigenen Füße und plumpst schwungvoll neben das Mädchen.
Nach einigen Sekunden der Besinnung steht der Schmetterlingsfänger auf, reibt sich den Hintern und bemerkt erst jetzt, aus welch großen Augen er gerade gemustert wird.
„Wieso rennst du so ungestüm durch die Gegend?“
„Ich versuche lediglich Schmetterlinge zu erhaschen.“
„Wieso fängst du die Armen?“
Der Schmetterlingsfänger begutachtet seinen Kescher, der zu seiner Erleichterung noch heil ist. „Weil sie mich glücklich machen. Ich hasche gerne nach ihnen. Auch, wenn es nicht immer leicht ist.“ Vor lauter Erstaunen purzelt dem Mädchen ein Löckchen ins Gesicht.
Er kniet sich zu ihr nieder, wobei er das Gleichgewicht verliert und erneut auf seinem Hinterteil landet. Den Kopf schüttelnd bleibt er einfach sitzen. Den Kescher legt er neben sich, dass er möglichst nicht zerbrechen kann – ganz behutsam. „Hör zu, kleines Mädchen“, hebt er an, „wenn du etwas möchtest, was dich glücklich macht, dann erhasche es. Nimm die Mühe auf dich und fange es ein. Du wirst es nicht immer bekommen ...“ Melancholisch schaut der Schmetterlingsfänger auf seinen Kescher. „Aber genau in dem Augenblick, in dem du dich aufgerafft hast, es für dich zu gewinnen, hast du es verdient.“
Gedankenverloren klopft er Dreck aus seiner Hose, als er plötzlich aufspringt ...
„Ha! Da ist er ja!“
... und behände in eine Richtung davonläuft.
Das kleine Mädchen schaut ihm noch lange hinterher und zählt dabei, wie oft der Schmetterlingsfänger hinfällt. Es waren nicht wenige Male. Eher viel zu viele für nur einen Schmetterling.
Dein Kopf so voller Fragen
Von stets rennʻden Füßen getragen
Dein Geist so voller Sorgen
Was wird aus dir, was machst du morgen?
Deine Seele kommt so schnell nicht mit,
Verarbeitet noch den letzten Schritt
Dein Herz pocht stetig weiter
Das eine Leben lebst du jeden Tag, einem Trott gleich, so angenehm im Rhythmus der Stetigkeit. Du kennst den Lauf der Dinge und weißt, wie sich zu verhalten ist.
Das andere Leben lebt dein Geist, dein Intellekt geleitet von einer Logik, die dir antrainiert wurde. Du bist bereits im Morgen als ein Ich, was erst noch werden wird. Du lebst in einer Zukunft, die vielleicht, vielleicht auch nicht – noch nicht mal existiert. Und spürst schon alle Augen auf dir ruhen.
Ein weiteres Leben führt deine Seele. Noch ringend mit Gefühlen einer schon vergessenen Welt, schwebt sie über den Dielen der Nostalgie. Ob verwirrt oder beflügelt, träge oder leer, tänzelt sie die Choreografie deiner Vergangenheit.
Das Herz nunmehr schlägt stetig in der Brust. Pumpt das Hier und Jetzt durch deine Adern, setzt immer wieder neue Impulse, ohne einen Hauch von Gnade. Lädt dich auf mit der Elektrizität des Lebens und lässt dein Innʻres glühen.
Doch trifft dich die Realität erst in der Vergangenheit und die Sorge schon im Morgen.
Die Gegenwart ist nichts als die Kollision von Zukunft und Vergangenheit. Ein Knall, dass es dich manchmal weckt und du merkst: du wirst … jetzt schon … gewesen sein.
Dein Herz pocht stetig weiter
Deine Seele kommt so schnell nicht mit,
Verarbeitet noch den letzten Schritt
Dein Geist so voller Sorgen,
Was wird aus dir, was machst du morgen?
Dein Kopf so voller Fragen,
Von stets rennʻden Füßen getragen